Interview mit Seb Fontaine - von Grinsekatzerl veröffentlicht am: 18.06.2008 Seb Fontaine wird seit vielen Jahren mit den bekanntesten Clubs London in Verbindung gebracht. Er gehört zur House-Music wie kaum ein anderer. Auch seine Radioshows auf BBC Radio One, Resident bei Ministry of Sound und Auftritte in vielen großen Clubs weltweit haben ihn zu dem gemacht, was er ist – ein DJ, der das Auflegen liebt und sich seine kritische Sichtweise bewahrt hat. dancecharts.at hat ihn für euch im Rahmen des Juicy Thursday im Moulin Rouge getroffen. dancecharts: Du bist nun schon seit vielen Jahren im Business. Wie waren denn so deine ersten Kontakte mit dem Auflegen? Seb: Ich habe als Teenager angefangen in Clubs aufzulegen. Musik hat mich schon immer interessiert. Damals war es aber noch nicht House-Music, sondern Funk, Soul und vor allem auch Hip-Hop. Wenn ich dann in den Clubs aufgelegt habe, ist mir sehr schnell aufgefallen, dass in den Floors, wo House aufgelegt wurde, viel mehr los war, eine viel bessere Stimmung war. Vor allem waren dort auch viel mehr Mädchen. Von da an habe ich beschlossen, dass das meine Musikrichtung wird. (lacht) danchecharts: Hast du das Auflegen damals schon hauptberuflich betrieben? Seb: Nein, natürlich nicht. Zuerst hatte ich einen ganz normalen Job und habe das Auflegen nur nebenbei gemacht. Erst nach einigen Jahren war es möglich, mein Hobby auch zum Beruf zu machen. dancecharts: Gibt es jemanden, der in deinem Werdegang als DJ ein Vorbild war oder dich beeinflusst hat? Seb: Hmm… Norman Jay – er ist ein fabelhafter DJ und ich bewundere ihn sehr. dancecharts: Was gefällt dir denn so besonders am Auflegen? Seb: Es ist einfach etwas Besonderes, wenn man zwei Stunden vor dem tanzenden Publikum ist. Wenn man einfach sieht, wie die Leute auf die Musik reagieren. dancecharts: Du bist ja sehr viel unterwegs. Ist es da nicht schwierig, eine Familie zu haben? Seb: Natürlich, es ist schwer für mich, dass ich meine Frau und Kinder am Wochenenden selten sehe. Aber ich bemühe mich, dass ich vor allem mit den Kindern viel Zeit verbringe. Daher ist es okay. dancecharts: Du hattest ja auch schon deine eigenen Radioshows – zuerst Kiss FM und dann natürlich deine Show im Hauptabendprogramm bei BBC Radio One. Worin besteht der Unterschied zwischen einer Radioshow und dem Auflegen in einem Club? Seb: Auf BBC war meine Show immer am frühen Samstagabend – also eine Zeit, wo sich die Leute erst fertigmachen zum Fortgehen. Daher war die Musik auch anders. Wir hatten in der Show auch nicht nur Musik, es war auch viel mehr Reden dabei und wir haben Interviews gemacht. Von dem her würde ich sagen, dass es zahlreiche Unterschiede gibt. dancecharts: Du bist jetzt schon eine lange Zeit in dem Geschäft. Gibt es etwas, das sich verändert hat im Vergleich zu deinen Anfangszeiten? Seb: Alles ist viel globaler geworden, Nachtclubs haben an Bedeutung gewonnen, hier werden Trends gemacht. Und ich finde die Entwicklung gut. dancecharts: Wo legst du am liebsten auf? In kleineren Clubs so wie im Moulin Rouge oder eher in den großen Clubs wie Cream? Oder bevorzugst du Festivals wie Glastonbery? Seb: Es macht Spaß, pro Jahr bei ein paar großen Events aufzutreten, solange es nicht zu viele Events sind. Es sind aber immer noch die Nachtclubs, wo die beste Musik gespielt wird. Die Größe des Nachtclubs ist für mich nicht wichtig, oft sind aber sogar die kleineren besser von der Musik her. Wichtig ist für mich, dass das Soundsystem gut ist. dancecharts: Du hattest ja auch einmal deinen eigenen Club – Type. Der Club war sehr erfolgreich, musste aber letztes Jahr geschlossen werden. Was waren die Gründe? Seb: Das waren leider bauliche Gründe – es soll die Gegend dort renoviert werden. Aber wenn ich wieder ein passendes Gebäude finde, werde ich einen neuen Club eröffnen. dancecharts: Ist Ibiza für dich auch ein besonderer Ort? Seb: Ja, aus mehreren Gründen. Ich wurde auf Ibiza gezeugt (schmunzelt). Abgesehen davon, hab ich Ibiza immer geliebt. Ich habe sogar ein eigenes Haus dort. Es ist schon etwas ganz Besonderes, dieses Insel. dancecharts: Du bist ja der DJ-Szene gegenüber auch kritisch eingestellt. Du hast einmal gesagt „we watch plastic go round“. Was hast du damit gemeint? Seb: Ich glaube einfach, dass sich manche DJs selbst zu wichtig nehmen. Sie vergleichen sich mit Pop-Stars, doch das ist nicht dasselbe – vor allem DJs, die nicht selbst produzieren. Auflegen sollte mit Spaß zu tun haben und nicht damit, dass man sich selbst in den Mittelpunkt stellt. dancecharts: Wenn wir schon bei Kritik sind – wie siehst du den Einfluss des Internets auf deinen Beruf? Seb: Das Internet hat auf jeden Fall die ganze Clubbing Szene beeinflusst, um nicht zu sagen revolutioniert. Einerseits ist das gut, weil eine weltweite Community entstanden ist, aber andererseits geht alles viel zu schnell. Die neuen Nummern findet man sofort als Download und kaum sind sie auf dem Markt, sind sie auch schon wieder veraltet. dancecharts: Machst du auch von Social Networking Plattformen wie MySpace Gebrauch? Zum Beispiel um dir Feedback von deinen Fans zu holen? Seb: MySpace ist natürlich sehr wichtig für mich, vor allem aber dafür, dass ich mit meinen Freunden und mit Leuten, die ich kenne, in Kontakt bleiben kann. dancecharts: Wenn du an deine bisherige Karriere denkst, was ist das Größte, das du bis jetzt erreicht hast? Seb: Dass ich immer noch DJ bin und immer noch meinen Job liebe. Das ist mehr, als viele andere von sich nach so langer Zeit sagen können. dancecharts: Welche Musik hörst du eigentlich privat? Seb: Funk und Musik der 70er Jahre. dancecharts: Ich hab gehört, du bist ja auch ziemlich Fußball interessiert. Du bist ja Anhänger des englischen Clubs Chelsea. England ist ja bei der Euro2008 nicht dabei, aber wer denkst du, hat Chancen zu gewinnen? Seb: Hmm… Holland und Spanien sind sehr gut. Ich würde auf eine der zwei Mannschaften tippen. dancecharts: Welche Pläne hast du denn für die nächsten Monate? Seb: Ich werde viel unterwegs sein und freue mich schon darauf. Auf meinem Plan stehen unter anderem Südamerika, Argentinien, Griechenland, Uruguay und Russland. Das Publikum in Russland ist übrigens wirklich sehr begeisterungsfähig – die Leute dort lieben es zu tanzen. Gleich nach dem Interview war Seb Fontaine an den Turntables zu finden – um wieder seine zwei Stunden vor der Dancecrowd zu genießen. Ein DJ, der trotz seines Erfolgs immer noch mit beiden Beinen fest auf dem Boden geblieben ist. |