Interview mit den Disco Boys - von Webmaster veröffentlicht am: 19.05.2008
Die Disco Boys – seit vielen Jahren ein Garant für gute Stimmung und tanzendes Publikum. Diesmal waren sie im U-4 zu Gast und alle Anwesenden konnten sich davon überzeugen, dass das Duo an seiner Dynamik und seiner Fähigkeit, mit einer Mischung von Disco-Rhythmen und House die Massen zu begeistern, nichts eingebüßt hat. Vor ihrem energiegeladenen Auftritt standen uns Gordon und Raphael noch für ein Interview zur Verfügung. Dancecharts: Ihr seid die ersten gewesen, die Disco Vinyl der 70er Jahre mit House mischten. Wie kam es dazu? TDB: Wir haben ja bereits die Entwicklung der Techno-Szene miterlebt, haben Techno aber immer abgelehnt. Als Party-Veranstalter wollten wir natürlich Musik bringen, die Spaß macht. Musik, zu der die Leute tanzen können. Es war daher naheliegend, dass wir auf Disco-Sounds zurückgegriffen haben. Wir haben sozusagen mit Happy-House-Musik eine Nische besetzt. Die Rhythmen, die wir verwenden, sind bekannt. Dancecharts: Welche Musik hört ihr privat bzw. hört ihr überhaupt privat noch viel Musik? TDB: Dadurch, dass wir beruflich ständig mit Musik zu tun haben, tut es auch gut, wenn man einfach einmal keine Musik hören muss. Noch dazu gibt es ja viel neue Musik, die wir uns anhören müssen, um aktuell zu bleiben. DJs erhalten ja ständig neue Tracks, die wir natürlich durchhören. Es wundert uns immer wieder, dass die heutige Jugend mit Musik beinahe inflationär umgeht. Wenn man in der U-Bahn fährt, merkt man, dass die Handys mittlerweile zu Ghetto-Blastern umfunktioniert wurden – ständig hören die Jugendlichen Musik. Wir fragen uns, ob das noch viel damit zu tun hat, Musik zu genießen. Dancecharts: Ihr habt euch ja kennen gelernt, als ihr beide für eine Musikzeitung gearbeitet habt. Wann war der Zeitpunkt, wo ihr beide gemerkt habt, ihr wollt gemeinsam als DJs arbeiten? TDB: Wir waren häufig gemeinsam als rasende Reporter unterwegs, um über alle wichtigen Events zu berichten. Und irgendwann haben wir dann beschlossen – das muss 1993 nach der Mayday gewesen sein – dass wir selbst auch einmal eine Veranstaltung machen sollten. Und von diesem Plan war es nur noch ein kleiner Schritt bis zum gemeinsamen Auflegen. Dancecharts: Hat sich vom Auflegen her oder vom Publikum viel verändert, wenn ihr die Situation heute mit der vor 10 Jahren vergleicht? TDB: Es ist auf jeden Fall so, dass sich das Publikum immer wieder austauscht. Während wir und die Türsteher in den Clubs immer älter werden, bleibt das Publikum ungefähr gleich alt. Was wir nur bemerken, ist dass die Leute heute viel zielgerichteter weggehen, sie investieren ihr Geld bewusster. Statt jede Woche Party zu machen, überlegen sich die Leute viel mehr, wohin sie weggehen und lassen es dafür dann richtig krachen. Wenn man nur mehr einmal im Monat zum Beispiel weggeht, dann überlegt man natürlich viel genauer, wohin man geht. Man lässt sich weniger von Neuem anlocken, sondern setzt auf Altbekanntes. Wenn die Leute zu unseren Veranstaltungen kommen, dann wissen sie auch genau, was sie erwarten können. Nur noch wenige gehen heute in Clubs, um etwas Neues zu hören. Dancecharts: Ich habe gelesen, ihr habt ein riesiges Plattenarchiv – wo bringt man so viele Platten unter? TDB: Wir haben anstatt von normalen Regalen eben die Plattenregale in unserer Wohnung. Natürlich müssen von Zeit zu Zeit auch die Platten aussortiert werden, es ist aber schwierig sich von Platten zu trennen. Am ehesten behalten wir die alten Platten, die neuen sind für uns fast wie Fast Food. Dancecharts: Was sind so die schönsten Momente im Leben eines DJs? TDB: Interviews zu geben (lachen). Es macht uns glücklich, andere mit unserer Musik zu begeistern, zu merken, dass man die Musik auch als Kommunikationsmittel einsetzen kann. Wir transportieren unsere Message mittels unserer Musik. Dancecharts: Ist es manchmal mühsam so viel unterwegs zu sein? TDB: Als DJ muss es Spaß machen unterwegs zu sein. Dann stört es dich auch nicht, wenn du sehr viel reist. Natürlich sehnt man sich manchmal schon danach, im eigenen Bett zu schlafen. Dancecharts: Ihr hattet ja auch schon Auftritte in China und in den USA – hat man da auch Zeit, sich etwas von Land und Leute anzuschauen oder sind solche Touren eher sehr knapp kalkuliert von der Zeit her? TDB: Das hängt immer ganz von der Organisation ab. Man muss dann eben versuchen, ein paar Tage früher anzureisen oder ein paar Tage dranzuhängen, damit man auch etwas vom Land sieht. In China zum Beispiel haben wir vorher ein paar Tage mit Sightseeing verbracht. Dancecharts: Stichwort China – wie habt ihr eure Auftritte dort erlebt? TDB: Musik wird ja zum Glück weltweit verstanden, also hatten wir damit in China auch kein Problem. Die Chinesen sind grundsätzlich sehr begeisterungsfähig und finden westliche DJs interessant. Das Publikum ist von vornherein sehr aufgeschlossen und steht allem offen gegenüber. Es ist auch so, dass die Chinesen wesentlich mehr tanzen. Es gibt dort nicht so viele Leute, die gelangweilt herumstehen. Dancecharts: Gibt es ein Land / einen Club, wo ihr mal unbedingt auflegen möchtet? TDB: Für DJs ist es immer wesentlich, die wichtigsten Länder zu erobern. In Europa ist das auf jeden Fall England. Es ist – auch wenn viele das glauben – weniger das Ziel auch in den USA aufzutreten oder bekannt zu werden, sondern vielmehr dort gut zu sein, wo der wichtigste Markt ist. Und das ist für Europa nun mal England. Auch Australien ist sehr wichtig. Wenn man in diesen Ländern den Durchbruch geschafft hat, kann man stolz auf sich sein. Dancecharts: Welches Jahrzehnt fasziniert euch von der Musik her besonders? Und warum? TDB: Die 80er Jahre. Zum einen natürlich, weil in diesen Jahren die Geburtsstunde der elektronischen Musik liegt und zum anderen, weil dieses Jahrzehnt am kreativsten war und daher den größten Einfluss auf Tanzmusik hat. Den Bezug auf die 80er Jahre erleben wir ja schon seit den 90er Jahren und dieser Trend hält bis heute an. Es ist schon besonders, dass mittlerweile der Zeitraum, in dem man sich auf die 80er Jahre bezieht, wesentlich länger ist, als das betreffende Jahrzehnt selbst. Dancehcharts: Ihr habt ja auch eine myspace Seite – wie wichtig ist das Internet für euch? Hat sich dadurch die Arbeit eines DJs verändert? TDB: Durch das Internet haben alle DJs dieselbe Musik zur Verfügung – die Verteilung ist globaler geworden. Das Internet ist vor allem aber wichtig, um den direkten Kontakt auch zu den Fans zu halten, man erhält Feedback. Auf unserer Webseite (http://www.discoboys.de/de/index.php Anmerkung der Redaktion) haben wir auch ein eigenes Forum, wo Leute nachfragen, wie ein bestimmter Track heißt, aber wo auch sehr viel über Musik diskutiert wird. Für etablierte Künstler ist es wichtig eine eigene Webseite zu haben, myspace ist mittlerweile inflationär und bietet eben auch zu wenig Möglichkeiten für gewisse Dinge – wie eben zum Beispiel das Forum. Außerdem haben wir immer wieder Probleme damit, dass Leute unseren Namen in myspace verwenden. Wir müssen da sogar öfters mit Hilfe der Anwälte vorgehen, um das zu unterbinden. Das ist allerdings nicht nur ein Phänomen des Internets, es gibt auch immer wieder Veranstalter, die mit Auftritten der Disco Boys werben, obwohl wir dort gar nicht gebucht wurden. Das führt natürlich dazu, dass die Leute sehr unzufrieden sind, wenn wir dort nicht auftauchen. Das Internet hilft in dem Fall, da wir häufig davon erfahren, weil uns die Leute dann online fragen, warum wir dort oder da nicht aufgetreten sind. Dancecharts: Wie geht man mit der steigenden Popularität um? Werdet ihr auf der Straße erkannt und angesprochen? TDB: (lachen) Nein, wir wurden noch nie auf der Straße erkannt. Das hängt sicher mit unseren Outfits zusammen. Im Alltag laufen wir ja nicht so herum und dadurch erkennt uns keiner. Dancecharts: Unterscheidet sich The Disco Boys – Volume 8, euer letztes Album, von den vorhergehenden? TDB: Nein, eigentlich nicht. Es ist der etablierte, altbewährte Mix, den sich unsere Fans von uns erwarten. Es ist mittlerweile allerdings die meistverkaufte Auskopplung. Was uns auch besonders freut sind die hohen Summen, die für Volume 1 und 2 mittlerweile bezahlt werden. Bei e-bay gibt es da schon Gebote von bis zu 160 Euro dafür. So etwas macht dich als DJ natürlich stolz auf deine Arbeit. Dancecharts: For You war ja einer eurer Mega-Hits. Was ist das für ein Gefühl, wenn man seinen Song sozusagen überall hört? TDB: Es macht uns stolz. Vor allem, weil wir es geschafft haben, eine eigene Clubkultur zu gründen. Dieser Song hatte ja keine mediale Unterstützung durch Radio und TV, sondern der Erfolg kam ja direkt von den Hörern, die verlangt haben, For You zu hören. Wir finden solche Entwicklungen gut – es hat zwar dadurch länger gedauert, bis For You zum Hit wurde, dafür hat dieser Hit auch eine lange Halbwertszeit – er wird ja heute noch in den Clubs gerne gespielt. Dancecharts: For You war ja einer eurer Mega-Hits. Was ist das für ein Gefühl, wenn man seinen Song sozusagen überall hört? TDB: Es macht uns stolz. Vor allem, weil wir es geschafft haben, eine eigene Clubkultur zu gründen. Dieser Song hatte ja keine mediale Unterstützung durch Radio und TV, sondern der Erfolg kam ja direkt von den Hörern, die verlangt haben, For You zu hören. Wir finden solche Entwicklungen gut – es hat zwar dadurch länger gedauert, bis For You zum Hit wurde, dafür hat dieser Hit auch eine lange Halbwertszeit – er wird ja heute noch in den Clubs gerne gespielt. Dancecharts: Viele DJs legen mittlerweile mit CDs oder mit mp3 auf – wie steht ihr dazu? TDB: Durch CDs oder mp3s geht so viel vom Live-Feeling verloren. Es ist doch viel besser, wenn man auch einmal den Staub auf den Plattenspielern krachen hört – vor allem, wenn man merkt, wie lange die schon keiner mehr benutzt hat – oder wenn auch einmal die Nadel springt. Viele DJs argumentieren gerne damit, dass man viele Sachen heutzutage nicht mehr auf Vinyl erhält. Das stimmt aber nicht, denn 80 – 90 % der Sachen erhält man auch heute noch genauso auf Vinyl. Es mag sein, dass es etwas länger dauert, aber man bekommt alles, was man braucht. Wir werden jedenfalls weiterhin mit Vinyl auflegen, CDs und mp3s kommen für uns nicht in Frage. Dancecharts: Wo legt ihr lieber auf – in Clubs oder auf Großevents wie Mayday / Loveparade etc.? TDB: Es hat beides seinen Reiz. In einem Club ist es intimer, man kann außerdem länger spielen. Es ist aber auch schön, wenn du auf einem Großevent auflegst wie zum Beispiel dem Sputnik Spring Break am 10. Mai. Wir waren nach Wir sind Helden dran und es hat war toll zu merken, wie viele Leute einfach gewartet haben um unseren Auftritt auch zu sehen. Dancecharts: Ihr wurdet 2005 zum „Best House Artist“ gewählt – was war das für ein Gefühl? TDB: Es ist natürlich toll, aber auch komisch, vor allem, weil es diese Auszeichnung ja nicht mehr gibt mittlerweile. Was uns besonders an diesem Preis gefallen hat, ist dass er vom Publikum gewählt wurde und nicht von irgendeiner Fachjury. Somit ist das Ganze authentischer. Dancecharts: Eine letzte Frage noch - euer Partnerlook und die Sonnenbrillen sind ja zu eurem Markenzeichen geworden. Gibt es je Unstimmigkeiten bei der Wahl des Outfits? TDB: Nein, damit haben wir nie Probleme. Die Outfits werden ja schon für die Foto-Sessions ausgewählt, daher haben wir immer beide dasselbe im Schrank. Wir müssen nur aufpassen, dass wir uns genau abstimmen, was für die Auftritte gewählt wird. Mittlerweile ist schon unser ganzer Schrank voll mit den Outfits – auch da müssen wir einmal durchmustern – allerdings nur nach Absprache natürlich (lachen). Die beiden sympathischen Deutschen aus Hamburg werden Österreichs Clublandschaft hoffentlich noch öfters beehren und die Menge zum Abtanzen bringen. Dankeschön an Sonja Gabriel für das Interview! |