Ich hab mir die Diskussion jetzt genau durchgelesen und find hier einiges seltsam.
Sorry, wenn ich jetzt ein wenig deutlicher in meiner Sprache werde, ich möchte hier niemanden vor den Kopf stoßen, aber einfach mal zum nachdenken anregen. Das funktioniert aber manchmal nur mit deutlichen Worten. Also gleich vorweg, das geht gegen niemand persönlich, aber ich möchte auch das Forum mal "wachrütteln", denn momentan geht die Diskussíon meiner Meinung nach in eine vollkommen falsche Richtung.
Hier wird ja fast genau so diskutiert wie bei den Politikern selbst und hier herrscht schon eine ähnliche Arroganz zwischen den einzelnen Gesinnungsgemeinschaften, die mich bei unserer "geistigen Elite" der Politiker so stört.
Da wird zwar analysiert, wie dumm das Stimmvieh in Österreich ist, weil es diese und jene Partei wählt und auf irgendwelche Populisten hereinfällt. Hier wird sich über das österreichische Volk lustig gemacht, hier werden Parteien verunglimpft, hier werden Horrorszenarien heraufbeschworen und von JEDER Partei oder Gruppierung Populismus betrieben, oder glaubt ihr ernsthaft, solche Cover wie im Profil und diverse Aussagen von anderen Parteien gegen FPÖ und BZÖ ist nicht genau so übler Populismus wie er den besagten Parteien selbst vorgeworfen wird?
Jeder ist mit sich selbst und mir der Verunglimpfung des politisch anders Denkenden so beschäftigt, dass noch niemand, weder in der Politikerwelt noch hier im Forum auch nur den Versuch unternommen hat die KERNFRAGE (um es mit Willi's Worten zu sagen. Ich hab mich gestern zerkugelt wie er immer wieder mit seiner Kernfrage angefangen hat) zu erörtern.
Die KERNFRAGE lautet für mich nämlich: Wenn man schon den Rechtsruck in Österreich beklagt und dieses Wahlergebnis offenbar für manche so furchterregend ist und wir schon an der Schwelle zu einem neuen NS Staat sind, wieso macht sich verdammt noch mal keiner Gedanken darüber WARUM es zu diesem Ergebnis gekommen ist?
WARUM hat der kleine Mann, der sich vielleicht nicht so in der hohen Politik auskennt so entschieden, auch wenn's unserer sogenannten "geistigen Elite" nicht passt?
WELCHE Sorgen und Ängste haben ihn dazu getrieben, diesmal jene Parteien zu wählen, von denen er erhofft, dass sie ihn besser vertreten? Oder die er vielleicht aus Protest gewählt hat, weil das für ihn eine Möglichkeit ist, den abgehobenen Herren mal seine Meinung zu geigen.
WAS hat jede Partei falsch gemacht, die bei dieser Wahl Stimmen verloren hat?
Anstatt über solche Dinge nachzudenken ist es doch viel einfacher zu sagen, dass sich das Wahlvolk halt wieder einmal geirrt hat wie bei jeder anderen Wahl und bis auf ein paar Ausnahmen (die dann eh die "richtigen" Parteien wählen) ja alles lauter dumme Proleten sind, die am besten gleich alle entmündigt gehören.
Acuh wenn's vielen nicht passt, wir leben in einer Demokratie und das heißt nunmal "Herrschaft des Volkes". Also habe ich als Volksvertreter, sprich Politiker auch eine Politik zu machen, die das Volk nachvollziehen kann und auch dem kleinen Mann die Chance gebe zu verstehen. Dafür werde ich schließlich vom Volk bezahlt und zwar vom kleinen Arbeiter genau so wie vom Professor (und wenn jetzt jemand meint, ja der Professor zahlt aber mehr Steuern, weil er mehr verdient - die Masse machts). Also habe ich auch für dieses Volk zu arbeiten und meine Arbeit auch vor dem Vok zu verantworten, wie jeder Angestellte vor seinem Chef. Und ich glaube keine Chef findet es lustig wenn er verschaukelt wird oder wenn ich ihm jetzt was so kompliziert erkläre, dass er es nicht versteht.
Gerade unsere "geistige Elite" vergisst nämlich gerne eines:
Es ist schon in der Schule so - der Lehrer kann noch so viele Titel haben und noch so blitzgescheit sein, ein guter Lehrer ist er nur dann, wenn er auch das Talent hat, seinen Schülern die kompliziertesten Dinge mit einfachen Worten so zu erklären, dass sie das auch verstehen. Dann wird dieser Lehrer auch beliebt und respektiert sein und ein breites Vertrauen besitzen. Wenn er jedoch auf seinem hohen Ross sitzt und meint "Ihr seid ohnehin alles Idioten und ich muss mich halt mit euch abgeben, weil es mein Job ist", dann wird er kläglich versagen und nur einige wenige auf seiner Seite haben.
Genau so ist es bei einem Politiker. Manche sitzen in ihrer abgehobenen Welt ohne irgendeinen Draht zum Volk und werkeln dahin. Irgendwelche Erklärungen für irgendwelche Maßnahmen sind halt dann eine lästige Pflichtübung. Da wird dann so kompliziert geredet, dass ohnehin niemand was checkt und bei der Wahl wundert man sich dann warum man vom dummen Stimmvieh nicht gewählt wird sondern die Populisten mit ihren plakativen Sprüchen.
Hmm, vielleicht weil diese Sprüche aber von vielen verstanden werden und immer gezielt genau auf die Ängste der Menschen abgestimmt sind?
Auch wenn HC Strache oder Jörg Haider oft als dumme Sprücheklopfer hingestellt werden, die wissen genau was sie tun. Entweder sie selbst oder ihre Redenschreiber wissen genau, wo man ansetzen muss und wie man die Dinge formulieren muss, dass sie auch ankommen. Diese Leute hören sehr wohl dem Volk zu, um herauszufinden, was den Mann von der Straße beschäftigt und darauf bauen sie ihre Strategien auf. Das ist etwas, das vielen Politikern nämlich heute verloren gegangen ist: Ins Volk hineinhören und auch den kleinen Mann verstehen. Dazu ist man sich in unerer "geistigen Elite" offensichtlich zu schade. Denn Populismus ist im Grundzug dann nicht's schlechtes, wenn damit gemeint ist, jemandem etwas plakativ und mit einfachen Worten darzustellen, damit er es versteht und damit auch er sich verstanden fühlt.
Und was tun jene Parteien, die diesen "Rechtsruck" am meisten bejammern?
SPÖ: Eine Ausgrenzungspolitik mit dem sie jedem Wähler von FPÖ und BZÖ sozusagen ins Gesicht spucken und ihm sagen: "Dich ungebildeten Proleten brauchen wir nicht. Dich wollen wir hier nicht haben." Ganz schlechte Taktik. Wenn ich einen "Sprücheklopfer" auch dazu bringe, dass er nicht nur reden, sondern auch für das Volk arbeiten muss, dann stellt sich sehr schnell heraus, ob er wirklich etwas auf dem Kasten hat oder halt einfach nur redet. So jedoch mach ich's dem Gegner natürlich leicht, weil er ja nur reden muss, dass er's besser kann aber keinen Beweis erbringen muss. Und keine Sorge, auch bei der letzten Regierungsbeteiligung von Blau ist Österreich nicht zum NS Staat geworden. Und wie man gesehen hat, kochen auch sie nur mit Wasser und die Regierungslinie war viel gemäßigter als die Wahlkampfsprüche.
So hat sich der Faymann natürlich selbst das größte Ei gelegt. Er hat sein Pulver verschossen und ist auf Gedeih und Verderb der ÖVP ausgesetzt und hat keine "Druckmittel" in den Verhandlungen. Obwohl die ÖVP mehr verloren hat als die SPÖ und nur zweiter wurde, ist sie eigentlich in der besseren Verhandlungsposition. Eigentlich absurd aber das war ja die taktische Meisterleistung der Roten.
Die Grünen und das LIF: Van der Bellen hat ja bei seiner Analyse ja dem Wähler durch die Blume ausgerichtet, es gibt 10 Prozent der Menschen im Land, die intellektuell genug sind, um die Politik der Grünen zu verstehen, alle anderen sind halt zu dumm dafür. Da kann man halt nichts machen.
Tja, lieber Herr Van der Bellen, so wird's nie was werden. Vielleicht einfach mal den Hintern heben, vom hohen Ross herabsteigen und auch dem einfachen Menschen erklären, wie Du gedenkst, seine Ängste, Sorgen und Nöte zu lösen und was Du gedenkst für Deinen "Arbeitgeber" Volk zu tun. Vielleicht klappt's dann ja auch mit den Stimmen.
Zum Schluss wie ich die Wahl sehe:
FPÖ und BZÖ haben deshalb so viel dazugewonnen, weil es:
Erstens genug Leute im Land gibt, denen es reicht verschaukelt zu werden. Die genug haben vom Politkabaret zwischen Rot und Schwarz und die endlich wollen, dass wieder mal im Sinne des Volkes gearbeitet wird. Für all jene war diese Wahl Anlass ihrem Unmut eine Stimme zu geben und die Regíerung "abzuwatschen"
Zweitens gerade diese beiden Parteien bzw. ihre Spitzenkandidaten verstehen, mit einfachen, wenn auch populitischen Worten die Sorgen der Leute zu reflektieren und geben zumindest vor, ihnen bei diesen Sorgen helfen zu wollen. Dieses Eingehen auf die Leute und eine nachvollziehbare Poltik zu machen, wo der Mann von der Straße das Gefühl hat "Die arbeiten für mich" ist den ehemaligen Großparteien meiner Meinung nach vollkommen abhanden gekommen, die Grünen haben das ohnehin noch nie wirklich beherrscht.
Ich hoffe, dass sich unsere Politiker abseits der Arroganz und des rechts - links Geschreis wieder mal auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und für das österreichische Volk arbeiten. Denn wenn alle zufrieden sind und das Gefühl haben, dass gute Arbeit geleistet wird, dann haben auch Parteien, die vielleicht extreme Ansichten vertreten weit weniger Zulauf.
Ich weiß ein frommer Wunsch, aber vielleicht hilft diese Wahl ja, wieder ein wenig mehr dort hinzukommen.
Und zum Abschluß: Falls sich jemand auf den Schlips getreten fühlt, ich will hier niemanden persönlich beleidigen, sondern einfach mal zum nachdenken anregen. Ein bissl weniger Emotion und mehr Reflektion und schon sieht die Sache ganz anders aus.
kronen zeitung leser brauchen das eh nicht zu konsumieren, die verstehen das eh nicht
@indurro viel wahres dabei, was du hier so schreibst. wo ich allerdings einhaken muss: klar fühlten sich die einfachen leute von den parolen und wahlslogans der fpö angesprochen und letztendlich auch verstanden, aber darin liegt dann eben die intelligenz zwischen den parolen und dem, was dahinter an substanz ist, zu unterscheiden. und einfach gestrickte gemüter hinterfragen erst gar nichts, sondern plappern bloß nach "ja genau, so ist es wie es der strache sagt" und wählen den. die meisten menschen wählen einfach, wer ihnen gerade zum gesicht steht und das zeigt nicht gerade von großen weltblick mit verlaub!
btw finde ich, politiker müssen nicht unbedingt volksnah sein, sondern können ruhig etwas arrogant und staatsmännisch rüberkommen. so eine kumpelhaftigkeit nervt mich nur! immerhin will ich ja einen staatstragenden politiker und nicht einen herrn meier, mit dem ich am besten noch per du sein kann!
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~~~jedes spiel sieht fair aus, wenn alle teilnehmer gleichermaßen betrogen werden~~~
Meiner Meinung nach sollte man sich bei POLITISCHEN THEMEN trotzdem öfter auch die ausländischen Medien zu Gemüte führen. Die FAZ, NZZ, Süddeutsche Zeitung, Spiegel usw. berichten eh öfters über den politischen Stand im Land... und gerade bei so einer hitzigen Zeit wie Wahlkampf (davor und danach) kann es sicher nicht schaden, wenn man sich mal die Meinungen der Korrespondenten durchliest.
Ich lese die Krone auch - besonders gerne die Leserbriefe - aber nur zum Amusement. Na gut, der Sport ist in Ordnung. Aber das Biowetter ist schon wieder voll mies ... GG
@Martinez
Kernfrage - warum?
Meiner Ansicht nach wurde durch Populismus den Menschen Angst gemacht. Aus ihrer Verunsicherung wurde ihnen eingeredet, dass es ihnen ja soooo schlecht geht. Wir in Österreich sollten eventl. als eines der letzten Länder auf der Welt jammern. Soweit gehts uns ja noch gut...
Und wenn Leute auf den SPÖ Populismus mit der USt.-Senkung reinfallen, dann sagt mir das, dass manche weder Prozentrechnen können noch Addieren. Weil dann hätte man sich am persönlichen Warenkorb ausrechnen können, wieviel man sich erspart und wielange sozusagen die Amortisationszeit wäre. GG
Prinzipiell gehe ich mit dir schon konform... wenn ich mir das durchlese: Wärst du nicht auch mal für eine Konzentrationsregierung?? GG
ADD:
Und öfter vertehe ich Politiker schon, wenn sie am Volk vorbei regieren, weil öfter ist die Richtung, die die breite Masse gehen will, schlicht und einfach schlecht und falsch fürs Land. Wenn ich BK wäre, würde ich auch bei manchen Sachen versuchen eine direkte Demokratie zu verhindern.