Hamburg - Die einen schrien ihre Freude in den Hamburger Himmel hinaus. Bei den anderen flossen ein paar Tränen der Enttäuschung.
Italien hat den Kopf aus der Schlinge gezogen und das Vorrunden-Aus verhindert. Die Squadra Azzurra setzte sich am Donnerstagnachmittag im Schicksalsspiel gegen Tschechien vor 50.000 Zuschauern 2:0 (1:0) durch.
Während die Mannschaft von Trainer Marcello Lippi damit die Gruppe E gewann und im Achtelfinale am Montag in Kaiserslautern auf den Zweiten der Gruppe F (Brasilien, Australien, Kroatien, Japan) trifft, muss die "Reprezentace" die Heimreise antreten.
Auch Ghana weiter
Die Generation um den früheren Fußballer Europas, Pavel Nedved, steht vor einem Abschied von der internationalen Bühne ohne Titel. Die Fans dürften das letzte Länderspiel des 33-Jährigen gesehen haben.
Ein Sieg (3:0 gegen die USA) war letztlich zu wenig in der "Todesgruppe". Zweiter wurde Ghana, das in Nürnberg die USA 2:1 (2:1) besiegte.
Materazzi bringt Italien auf Siegerstraße
In einer kampfbetonten Partie wurden Einwechselspieler zu italienischen Helden. Marco Materazzi köpfte das erlösende 1:0 (26.). Filippo Inzaghi machte nach einem Konter den Sack zu (87.).
Jan Polak dagegen wird diesen Tag so schnell nicht vergessen. Der Nürnberger machte zunächst vor dem 0:1 einen Stellungsfehler und sah kurz vor der Pause Gelb-Rot.
Keine Freundschaften auf dem Platz
Ein Wiedersehen guter Freunde vor dem Anpfiff in den Katakomben: Nedved, der für Juventus Turin spielt, umarmte Italiens Keeper Gianluigi Buffon. Marek Jankulovski ging auf Milan-Vereinskollege Alberto Gilardino zu.
Von der lockeren Stimmung war auf dem Platz nichts mehr zu spüren. Alessandro Nesta holte erst einmal Nedved von den Beinen (2.). Es stand eben viel auf dem Spiel.
Tschechien musste gewinnen und versuchte, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Milan Baros hatte die erste gute Chance.
Nedved dreht auf
Der EM-Torschützenkönig von 2004, der nach einer Fußverletzung in letzter Sekunde fit geworden war, kam nach einem Pass von Nedved in halbrechter Position an den Ball, bekam ihn jedoch nicht unter Kontrolle. Buffon war zur Stelle (10.).
Nedved riss nun das Spiel an sich. Bei seinem ersten Versuch scheiterte er aus 20 Metern an Buffon (12.). Fünf Minuten später der nächste Schuss, Buffon klatschte ab, hielt jedoch den Nachschuss von Jankulovski.
Italien wacht auf
Italien reagierte nur. Der große Druck war spürbar. Zudem musste die Squadra den verletzungsbedingten Ausfall von Alessandro Nesta (Zerrung) verkraften. Für ihn kam Marco Materazzi (18.).
Erst Mitte der ersten Hälfte wurden die Italiener gefährlich. Gattuso versuchte es per Kopf aus 18 Metern - drüber (25.). Nun ging ein Ruck durch die Mannschaft.
Vielleicht auch, weil Ghana zu diesem Zeitpunkt gerade 1:0 in Führung gegangen war. Eine Niederlage hätte das Aus bedeutet.
Italien schlägt zu
Die 26. Minute: Ecke von Francesco Totti von rechts fast aus dem Stand. Der eingewechselte Materazzi stieg unbedrängt gegen den Nürnberger Jan Polak hoch zum Kopfball und wuchtete den Ball aus acht Metern unten links ins Netz - 1:0.
Der Treffer war eine Erlösung.
Ampelkarte für Polak
Die Squadra Azzurra erkämpfte sich in der Folge ein Übergewicht im Mittelfeld, nahm geschickt das Tempo aus dem Spiel und stellte so Nedved, Baros und den schwachen Tomas Rosicky kalt.
Zu allem Überfluss aus tschechischer Sicht sah Polak nach einem rüden Foul gegen Totti in der Nachspielzeit der ersten Hälfte Gelb-Rot.
Die Chancen der "Reprezentace" schwanden dahin. Trainer Karel Brückner versuchte aber alles. Mit dem Hannoveraner Jiri Stajner (für Karel Poborsky) brachte er zum Wiederbeginn einen zweiten Stürmer.
Nedved scheitert an Buffon
Pavel Nedved hatte die Chancen zum Ausgleich. In der 54. Minute lief er auf Buffon zu, scheiterte aber aus 14 Metern.
Auch bei seinem Schuss aus 20 Metern war Buffon zur Stelle (70.).
Es waren Verzweiflungsaktionen. Denn die Tschechen konnten nur reagieren.
Besser als gegen die USA
Italien bestimmte mit einem Mann mehr auf dem Feld - anders als gegen die USA - das Spiel.
Vor allem Totti versuchte viel, die lange Verletzungspause merkte man ihm aber an. Fabio Cannavaro (56.), Mauro Camoranesi (64.) und der eingewechselte Inzaghi (68., 83.) vergaben in aussichtsreicher Position.
Inzaghi macht alles klar
Erst in der 87. Minute vor dem Ende entschied Inzaghi die Partie.
Nach einem Konter lief er alleine auf Petr Cech zu, umkurvte ihn und schob den Ball locker rein.
Das erste Endspiel haben die Italiener gewonnen. Jetzt ist ihnen alles zuzutrauen.
sport1.de
Geiles Spiel. Die italienische Abwehrmauer stand nach der etwas glücklichen Führung wie ein Fels in der Brandung. Eine grandiose Partie der Innenverteidiger Cannavaro und Materazzi.