Ein Freund hat einen recht interessanten Artikel gefunden und mir geschickt. Mal sehen, was ihr dazu meint:
Fußball-Journal '09-105.
Der Bauchfleck, oder: die fehlgeschlagene Umschulung. Der Feuerwehrmann versagt als Animauteur.
Die Anforderungen an einen ÖFB-Teamchef in der Post-Heim-Euro-Phase sind nicht hoch. Von ihm wird eigentlich nur eines verlangt: gute Stimmung, schöne PR-Maßnahmen, klassische Animateurs-Qualitäten. Weil Hansi Hinterseer doch zu wenig von Fußball versteht, bekam Dietmar Constantini, bislang Stand-In, also Feuerwehrmann, den Job. Und liefert einen brachialen Bauchfleck.
Weil er in seinem zentralen Gebiet, seiner einzigen Aufgabe keinen Erfolg hat. Das ÖFB-Team steht, stimmungstechnisch, ganz schlecht da, Constantini bekommt von allen Seiten Beton, der Strahlemann, als der er noch im April angetreten ist, ist einem grantig mit Irrwitzigkeiten um sich schleudernden Almöhi gewichen. Spieler und Trainer greifen ihn ungeniert an, ein überforderter Präsident schaut verwirrt drein, die Medien lassen jetzt den bislang (etwas feig) aufgestauten Frust der letzten Monate raus (auch schiach - denn da wär's besser gewesen, man hätte die Schwachheiten sofort angesprochen, auch schon zu einem Zeitpunkt, wo Blender-PR und Scheinerfolge sie überdeckt haben...).
Constantinis brachialer Bauchfleck
Heute watscht ihn Christian Tragschitz auf
sport.orf.at, Gernot Hörwertner & Stefan Weger von
sportnet schildern nicht nur den Verfall des Sunny Boys, sondern vergleichen die Lage auch mit den dunkelsten Stellen der Ära Hickersberger, im
Kurier machen sich Alexander Strecha & Christoph Geiler über die planlosen Ungerechtigkeiten des Teamchefs nur noch lustig und auf
laola1 ist der längst verspielter Kredit Thema.
Constantini flüchtet sich bereits (wie
hier schön ersichtlich in Galgenhumor, erstarrt in reiner Defensiv-Pose und wird trachten schnellstmöglich in die Winterpause zu flüchten.
Dabei hatte er es so leicht wie seit Jahrzehten kein Trainer vor ihm: ein Präsident, der ihn ohne konkreten Auftrag bestellt (und diese lauwarme Politik - das ist Tragschitz Haupt-Kritikpunkt - auch noch für die nächste EM-Quali weiterzieht), ein Umfeld, das einen anstrengenden Grübler (Brückner) samt sachkompetentem Assi (Jan Kocian) losgeworden ist, eine Medien-Meute, die den Entertainer ihrer Wünsche bekommt, eine Öffentlichkeit, die Schilehrercharme attraktiv findet... - besser geht's nicht.
Noch dazu, wo die Anforderungen abseits der PR-Schiene bei Null lagen. Constantini kümmert sich genau Null um das restliche ÖFB_Umfeld, sein Kontakt zur Nachwuchs anliefernden U21 beschränkt sich auf den Befehlston, mittel- oder gar langfristige Philosophien kümmern ihn ebensowenig. System, Strategie, Taktik? - alles irre irrelevant. Vorbereitung auf die Gegner? Braucht keiner. Vorbereitung der Mannschaft auf bestimmte Spielsituationen? Solln's halt schaun, was geht!
Also:
Constantini hat keine Vorgaben
und tut demnach auch nichts.
Weil's so am bequemsten ist. Und weil er sich auf den einzigen Job konzentrieren wollte, den sein Auftrag beeinhaltet. Seine einzige Aufgabe: Schönwettermachen.
Bei den Bundesliga-Vereinen, bei den Spielern, bei den Medien, in der Öffentlichkeit.
Das klappt zu Beginn auch ganz gut und übertüncht - für alle jene, die nicht genau hinschauen - das fehlen jeglicher substanzieller nachhaltiger Arbeit.
Das geht genau solange gut, solange der Schmäh mit der Motivation (schlage nach bei den gesammelten Weisheiten des weltbesten Trainers, auf dem Post-It von Hans Krankl), solange der einzige ausgearbeitete Trick ("I dua de Jungan forciern!") und solange ein paar Ergebnisse halbwegs wirken.
Der Feuerwehrmann Constantini hat nun aber das Problem, dass ein Job, der über zumindest eine Saison geht, ihn überfordert. Bei seinen bisherigen über 15 Stationen als Trainer/CoTrainer war das bislang erst ganze zwei Mal der Fall: bei Mödling (93 - 95) und bei Innsbruck (95 - 97), davor und danach war jeder Job als Chefcoach nach 9 Monaten vorbei. Constantini weiß also gar nicht mehr, wie das geht.
Weshalb er es auch diesmal mit der Animateurs-Masche probiert hat, dem Club Med-Schmäh, der allen Gästen spätestens in der dritten Woche raushängt, der aber (mit Selbstsicherheit serviert und von den richtigen Anschiebern angeschoben) bei den Verantwortlichen gut ankommt.
Der Club Med-Animateurs-Schmäh,
nicht der Schilehrer-Schmäh.
Weil der Schilehrer sich nicht leisten kann, was sich Constantini ganz schnell leistet: Angrührtheit und Anlassigkeit, die schon im Mai, also nach zwei Monaten im Amt nur noch mühevoll übertüncht werden konnten.
Es ist deswegen derweil noch wurscht, weil sich Constantini, wie jeder kluge Stratege, immer nur mit denen, die er für schwächer hält, anlegt. Mit einzelnen Spielern ohne Lobby, mit den Zeitungswastln abseits des Mainstreams, mit der kritischen Teilöffentlichkeit, mit der Nachwuchs-Abteilung innerhalb des ÖFB.
Alles Bereiche, die dem Mainstream, auf den seine PR abzielt, wurscht sind.
Aber dann hat er, wie alle Strategen, die nur kurzfristig denken, überzogen. Und ist in seine eigene Falle gelaufen. Alles, was vorher von medialen Hochjublern, scheinbaren Rückendeckern und einer unkritischen Fan-Masse als lässig bejubelt wurde, schlägt über ihm zusammen wie eine unterschätzte Welle über den nachlässigen Surfer-Buben.
Plötzlich ist die seit jeher fahrlässige Vernachlässigung der Jugend-Auswahl-Mannschaften, die allen wurscht war, ein Major Topic -
hier kriegt er über 80% Gegenwind.
Bum, Bum, Bumerang!
Plötzlich ist sein an sich schlauer Schachzug den (scheinbar) unbeliebten und abgefuckten Ex-Kapitän Ivanschitz argumentelos zum Sündenbock zu machen, ein Bumerang. Ivanschitz schlägt bei Mainz ein wie eine Granate und Constantini (der den Job noch dazu seinem Igor, Heinz Peischl überließ - auch ein ganz schwerer Fehler) versäumt den Punkt, wo er (pr-mäßig richtig) umschwenkt und die Wandlung als seinen Sieg verkauft. Er macht Ivanschitz zu seinem
weißen Wal und wundert sich über die entsetzten Blicke seiner Umgebung, verliert den Blick für die Realitäten und dadurch auch die letzte Fähigkeit zur Einschätzung der Lage.
Die Hyänen spüren das und fallen über ihn her, als wäre er bereits ein Kadaver: die Mainstream-Medien zerlegen ihren ehemaligen Darling gnadenlos, all seine Fehler werden öffentlich brutaler und genauer durchgekaut als das bei allen Vorgängern der Fall war. Ein Bundesliga-Coach wie Peter Pacult fällt ihm (die Absprachen von vor ein paar Wochen "vergessend") in den Rücken und verteilt Schuld und Gurken. Und nach Manninger und de facto Ibertsberger erklärt auch die personifizierten Vernunft der letzten Team-Jahre, der heimliche Captain der Euro,
Martin Stranzl seinen Rücktritt, vielleicht nicht ganz zufällig am Tag nach dem Suizid von
Robert Enke, einem Fanal dafür, sich nicht jeden sinnlosen Ärger mit planlos agierenden Vorgesetzten anzutun.
Constantini sagt dazu nix,
er beißt sich nur auf die Zunge, heißt es.
Aus Trutz und weil er, der bislang recht Reflexionsuntüchtige, zu derlei komplexen Situationen noch nie was zu sagen/erwidern hatte - zu einem solchen Zeitpunkt war er, der Feuerwehr-Mann, der ewige Happel-Assi, der Einspringer, schon längst weg, die Dinge gantig "abhakend" und beim nächsten Unternehmen dieselben Fehler begehend.
Die von ÖFB-Chef Windtner selbstlos initiierte Umschulung von Feuerwehrmann auf Animateur hat nicht geklappt - Constantini ist mit einem Bauchfleck gelandet der echt weh tut.
Vielleicht wäre es doch besser gewesen sich mit dem, was den internationalen Fußball dieser Tage so antreibt, zu beschäftigen, die neue Technologie, die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse, den Willen zu einer nachhaltigen Philosophie, Menschenführung jenseits der Wilden-Kaiser-Archaik in sein Trainerleben zu lassen, mentale und psychologische Skillz aufzubauen.
Für mittel- und langfristige Arbeit als National-Coach wird das vonnöten sein. Und: auch über die Winterferien, die nach dem Spanien-Spiel beginnen und bis in den März reichen ist sowas wie Fortbildung möglich. Geht im übrigen auch über "das Internet"!
by: Martin Blumenau
Quelle: fm4.orf.at