Ein Tag im Leben eines DJs

FLASH · #1 14. May 2007, 20:17

Was man beim zusammenräumen so alles auf seiner Harddisk findet - eine nette Geschichte, geschrieben von DJ Adelic vor einigen Jahren im TornadoX-Forum (RIP):

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Ach ja, heut spiel ich ja am Alkologic in Wien und dann in Schaasklappersdorf
an der Beuge! Hhmmm... wo isn das überhaupt? Und wann beginnt mein Set? Mist,
zum Frisör muß ich ja auch noch und ein paar neue Platterln könnte mein Koffer
auch vertragen. "Hallo Agentur? Ja, ich brauch meine Spielzeiten für heute
Abend. Wie? 22 Uhr bis 23:30 und dann 3 Uhr bis 5 Uhr, ok. Anfahrtsplan kommt
per Mail? Danke!"

So, jetzt noch schnell den Freund anrufen, der mich begleitet, damit ich nicht
alleine so weit fahren muss.
Eh klar, mailbox seit 4 Stunden, gut lassen wir das. Also wieder eine
Solofahrtentherapie.
Na leiwi! Mein Routenplaner am PC sagt mir, daß es nur 180 km von hier nach
Schaasklappersdorf sind. Kleinigkeit! In dreieinhalb Stunden werd ich doch
locker am Alkologic abgerechnet haben, mein Klumpert zum Auto geschleppt, nach
S/Beuge gefahren (dazwischen getankt und was gegessen haben), dort rein in die
Bude, den Chef ausfindig gemacht haben und mein Set begonnen haben.

Ja schon, aber ned wenn der Japaner vor mir am Alko 1 Stunde für den
Soundcheck braucht, ich deswegen später anfangen muss und früher aufhören muss
(Nein hab mich eh nicht gefreut auf den Gig vor 5000 leuten, macht nix wenn
ich jetzt nur 45 min. spielen kann). Nach erfolgloser Suche nach dem voll im
Stress befindlichen Veranstalter zu Abrechnungszwecken und einer weiteren
Verspätung von 10 Minuten weil ich dem Engländer nach mir meine Platten borgen
muss weil seine am Flughafen verschollen sind, treff ich beim Rausstolpern
noch einen Typ der mich hardcorekauend fragt warum ich nichtmehr so gasgebe
wie früher. Muss wohl daran gelegen haben daß er den Soundcheck des Japaners
mit meinem Set verwechselt hat oder nicht meiner Meinung ist, daß ein Warmup
Set nicht unbedingt 160 bpm haben sollte.
Leicht gefrustet von dem wenig erfeulichen, lang ersehnten Megagig schlepp ich
die Vinyls (verdammt warum spiel i ned mp3s???) zum Auto und stelle fest daß
ich zugeparkt bin. Freut mich, daß der Besitzer des dunklen Golf grad drinnen
seine Pillchen gecheckt hat und sich ins Feiern stürzt.
Dauert eh nur 25 Minuten bis der Typ (wenig fahrbereit) aufgefunden ist und
mich rausläßt.
Na wurscht, jetzt passts eh, die Autobahn bis S/Beuge schnupf ich in 1 1/2
Stunden, also genug Zeit.

Ja, schon. Aber ned wenns grad zu schneien angefangen hat und ein
meteorologisches Sonderphänomen, nämlich Schneefall und dichter Nebel,
zusammenkommen. Ist aber so, eh klar, und so krieche ich mit heissen 80 über
die Autobahn, nervös wie der Aff´ am Schleifstein. Dabei ist der Chef vom
Bermuda in S/Beuge eh so pedant! Das letzte mal war ich 5 Minuten zu spät und
er hat schon einen sehr unentspannten Eindruck gemacht. Oder lags daran, daß
nur 30 leute dort waren? Na mal sehen, wird schon besser werden heute.
So, sind wir froh daß der Polizist, der mich bei Nacht und Nebel aufhält ned
so an Stress hat wie ich. Ja klar, sein Nachtdienst dauert bis um 6, also
warum hetzen?
Nach nur 15 Minuten väterlicher Belehrung darf ich weiterfahren, nicht ohne
600 Schilling losgeworden zu sein ("Do konn i nix mochn, des miassn´s zoin").

Wie durch ein Wunder erreiche ich nach fast 3 stündiger Fahrt und einem
einstündigen Telefonstreit mit meiner Freundin ("Nein, die Alte auf dem Foto
mit mir im Internet will nix von mir") das berüchtigte "Bermuda" in S/Beuge.
Das erste Mal habe ich heute keinen Stress - nämlich beim Parkplatzsuchen. Die
6000 qm große Schotterfläche ist nur dünn besiedelt und läßt auf eine eher -
sagen wir mal begrenzte - Publikumszahl schließen.
Trotzdem sehe ich schon beim Eingang zwei Einheimische mit Gsichtsdisco
streiten, wer ich bin. "Oida, da Adelic!" "Na, da Adelic hat vü mehr Muskeln,
des kann er ned sei!"
Danke, ich kämpf eh nicht um jedes Gramm Gewicht im Fitnesscenter zur Zeit und
versuch ein bisserl Fleisch auf die Knochen zu bringen, macht nix, trifft mich
eh nicht. Dafür ist die Party ja sicher gut und die Leut verstehen was von
guter Musik.
Die Party ist nicht gut und die Leute (die paar die da sind) haben keine
Ahnung. Aber ich muß sagen - solange die Anlage gscheit pumpert ist eigentlich
alles OK, denn da hör ich mir dann bei solchen Gigs wenigstens meine neuen
Platten durch.

Ja schon, aber leider ist die Anlage oberscheisse und das Krachen links drüben
bei der Bar mit der bladen Kellnerin ist nicht mein cooler Techno, sondern die
Mebran der kaputten Box, die irgendwann vor 4 Jahren vom Nebel durchweicht das
Zeitliche gesegnet hat.
Die paar Leute, die unmotiviert in der Bude rumhängen scheinen mehr auf
Warmwasser aus den Häuslarmaturen zu stehen als auf die hochpreisigen Drinks
an den Bars.
Das ist wohl auch der Grund, warum der Chef mit Dackelblick beim Abrechnen im
Zusammenhang mit meiner Gage über die horrenden Nebenkosten philosophiert.
"Hey, laß dir Zeit, ich plauder gern mit dir, muss ja nimmer weit fahren und
nach so einem gelungenen Abend bleib ich gern noch bissl sitzen" denk ich mir.
Schlechten Gewissens nehme ich meine nach 45 minütigem Wehklagen zerknirscht
überreichte Gage und höre ein "Tuat ma lad, oba die Securities kennan da ned
mitn Plottntrogn höfn weu die miassn die Leit ausseduan" und verabschiede mich
freundlich.
Nachdem ich knapp den Blutspritzern entronnen bin, die von einer Keilerei beim
Eingang in Richtung meiner weissen Jacke geflogen kamen, schmeiß ich meine
Binkel in den Kofferaum meines mittlerweile eingeschneiten Autos und kämpfe
mich zurück auf die Autobahn.

Unendliche 3 Stunden und Selbstvorwürfe (Warum tue ich mir sowas an?) später
falle ich zuhause wie ein Stein ins Bett. Paaaaaaaaaassssst! Erst 7 Uhr, jetzt
schlaf ich mich gscheit aus!

Ja, schon. Aber nicht wenn ein paar Minuten später das irrtümlich noch
eingeschaltete Handy klingelt. Mama ist dran.
Du kommst eh um halb zwöf zum Essen!? Weißt eh die Oma kommt, also sei pünktlich!

Ja ich werde pünktlich sein....

by Adelic [27-12-2001]
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